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Historisches aus der schwäbischen Alb - Schnecken

wie sich doch die Zeit geändert hat,,,

Als auf der Donau die Schneckenpost abging - Von der einträglichen Lust der Wiener auf fastenzeitlichen  Gaumenkitzel.

 

Nicht erst seit der Auto-Mobilmachung macht Stadtluft eher krank als frei.

Diesen Verdacht jedenfalls muss hegen, wer in der Passagierliste der Schachtelfahrer zum Beispiel

den Schreiner Joseph Eberle aus Holzheim entdeckt. Anfang der 1740er Jahre war er nach Wien ausgewandert, kehrte indes an Neujahr 1744  sterbenskrank nach Holzheim zurück, wo er am Dreikönigstag starb. Nicht besser erging es dem jungen Metzgergesellen Georg Schreiber aus Holzheim. Auch ihm bekam die Großstadtluft nicht sonderlich gut: Schreibers Schorsch  zog daher wieder donauaufwärts und musste, erst 33jährig, im Juni 1762 auf dem Holzheimer Kirchhof zu Grabe getragen werden.

Die Holzheimer nicht schlecht ernährt hat dagegen offensichtlich der Handel mit Wien.

Gleich fassweise transportierten die Holzheimer Jakob Schnaid, Franz Mezger, Jakob Holl

und Andreas Kergel im 18. Jahrhundert Weinbergschnecken nach Linz und Wien, die während der adventlichen Fastenzeit im k.u.k. Österreich zum heftig sprudelnden Quell erlesener Gaumenfreuden werden sollten.

Zwar war die Konkurrenz der Schneckengartenbesitzer in Söflingen und im Lautertal enorm, aber Schnecken aus Holzheim scheinen den Wienern besonders gemundet zu haben.

Der Soldatenspross Kergel aus Neuhausen zum Beispiel war in den 1780er Jahren bei Taufen in Holzheim ein begehrter "Gevatter", der in den Taufbüchern anfangs noch als einfacher "Schneckenmann" auftauchte, doch sehr schnell zum "Schneckenhändler" avancierte

und wenig später als "Handelsmann" und sogar als "Kaufmann" vorgestellt wird.

Nach den Recherchen des Ulmer Gelehrten Johann Herkules Haid für seine 1786 erschienene "Oberamtsbeschreibung" mit dem Titel "Ulm mit seinem Gebiete" wurden für

ein Fass mit rund 10 000 Schnecken wenigstens 25 Gulden, oft 40 Gulden verlangt.

"So bringt", schreibt er anerkennend, "dieses verachtete Insekt immer noch zehn-  bis fünfzehntausend Gulden bares Geld ins Land."

Schneckenhändler Schnaid hatte 1749 seine hochschwangere Frau Anna mit in die Kaiserstadt genommen - vier Hände können das Geld schneller zählen als zwei - und sein Töchterchen,

das gewissermaßen ambulant in Wien das Licht der Welt erblickte, standesgemäß im Stephansdom taufen lassen.

 

Die Hoch-Zeit der Schneckenhändler kam alljährlich in den Monaten Oktober und November.

Wenn sich die Schnecken, um über den Winter zu kommen, eingedeckelt hatten, wurden sie zusammen mit Moos vom Küfer in Fässer geschlagen und bis zur Abreise mit Flößen oder Schachteln Ende Oktober oder Anfang November am Neu-Ulmer Donauufer deponiert.

Pech für den Händler, wenn die Herbstsonne auf die Lagerstätte brannte: dann krochen

nämlich die Schnecken wieder aus ihren Schalen und sprengten die Fässer.

 

Welchen Umfang der Handel mit den Schalentieren annahm, die übrigens auch aus Nersingen,

Leibi, Ober- und Unterfahlheim, Straß und Glassenhart angeliefert wurden, läßt sich den Bestellzetteln des Händlers Lukas Knupfer aus dem Lautertal entnehmen, der alljährlich rund 200 000 Schnecken sammeln ließ.

1883 musste er zum Beispiel 116 000 Schnecken ausliefern, davon allein 60 000 in das österreichische Krems, 10 000 nach München, 5 000 in das Kloster Regensburg und 5 000 ins Kloster Lechfeld.

Nach Wien nahm Knupfer meistens seine beiden Töchter mit, die dann als Standelfrauen vor der Hofmusikalienhandlung auf dem Petersplatz die Delikatessen aus dem Lautertal feilboten.

Als Knupfers Geschäft in voller Blüte stand, war die Gilde der Holzheimer Schneckenmänner längst ausgestorben. Die Wirren der napoleonischen Kriege zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts ließen es den Holzheimern nicht länger ratsam erscheinen, mit zahlreichen Schneckenfässern und - körben donauabwärts mitten durch hungriges Kriegsvolk zu fahren.

 

Weitere Information über Schnecken unter Besondere Produkte und unter Rezept über Schnecken.

Was es alles gibt!!!  

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